Was bisher geschah:
Ein Artikel über Achtsamkeit in Unternehmen ist erschienen. Er behandelt die Frage, weshalb ein sehr wirksames Training gegen Stress verhältnismäßig wenig im Unternehmenskontext zum Zuge kommt.
Was jetzt kommt:
Die angekündigte Fortsetzung: Achtsamkeit intelligent im Unternehmen einführen. Der Artikel handelt davon, wie Sie ein Achtsamkeitsprogramm erfolgreich in Ihrem speziellen Umfeld (Firma, Institution) implementieren können. Populäre Hindernisse und Vorbehalte kommen zur Sprache.
Wie beschrieben, besteht eine erklärungsbedürftige Kluft. Einerseits ist die Effektivität von Achtsamkeitstrainings nachgewiesen, andererseits fragen Unternehmen diese Trainings nicht in dem Maße nach, wie man es erwarten würde. Dabei bestreiten die Personalverantwortlichen selten die Wirksamkeit eines solchen Programms. Diese ist gut belegt. Andere, durchaus nachvollziehbare Bedenken treten in den Vordergrund und wollen gewürdigt werden. Das werden wir im Folgenden tun. Im Anschluss daran skizzieren wir die stufenweisen Einführung des Stresskompetenzprogramms mbsr im Unternehmen.
Vorbehalt 1: „Achtsamkeit ist etwas für Esoteriker“
Mit diesem Missverständnis haben wir uns bereits im Einführungsartikel auseinandergesetzt. Das Fazit war: Achtsamkeitsmethoden, wie zum Beispiel meditative Übungen, stehen und wirken ganz für sich selbst. Ihre Wirkung lässt sich mit neuro-physiologischen und psychologischen Kategorien erklären. Religiöses und esoterisches Beiwerk ist dabei überflüssig und mitunter sogar hinderlich.
Vorbehalt 2: „Achtsamkeitstrainings sind gefährlich – gerade weil sie wirksam sind“
Arbeitnehmervertreter äußern manchmal die Befürchtung, dass sich hinter Achtsamkeitstrainings letztlich nur eine neue Art von Ausbeutung verbirgt. Gemeint ist: Statt Strukturen im Unternehmen zu hinterfragen (z. B. Überstundenvolumina), die täglich Stress produzieren, versucht die Unternehmensleitung ihre Mitarbeiter durch Achtsamkeit zu noch belastbareren und flexibleren Arbeitssoldaten zu formen. Dass dieser Vorwand sogar von Psychologen in die Diskussion gebracht wird, zeigt, dass es hier schlicht an hilfreichen Informationen fehlt. Denn ein professionell angeleitetes Achtsamkeitstraining leitet die Teilnehmer (unter anderem) immer dazu an, ihre persönliche Belastungsgrenze deutlicher wahrnehmen. Gerade leistungsorientierte Mitarbeiter, die mitunter zu überlastender Selbstausbeutung tendieren, lernen also, sich selbst zu schützen vor gesundheitlichen Schäden, die durch Stress verursacht werden. Es gilt: Achtsamkeit lehrt und fördert eine individuelle Fertigkeit, auf die kein Unternehmen verzichten kann: aktive Selbstfüsorge.
Vorbehalt 3: „Achtsamkeit passt nicht zu unserer Branche“
Hinter dieser Aussage steht meist die Befürchtung, dass Achtsamkeit eine irgendwie zu weiche und zu wenig dynamische Haltung der Mitarbeiter anregt, also nicht in die Kultur des Unternehmens oder der Branche passt. Anders formuliert: dass also die Teilnehmer am Training entweder zu einer Art Softie „mutieren“ oder eben, falls sie sich nicht darauf einlassen, ohne Gewinn ein solches Training durchlaufen. Nun ist es erwartbar, dass das Wort „Achtsamkeit“ beim Hörer Assoziationen von Weichheit provoziert. Allerdings sind Achtsamkeitstrainings allenfalls dafür bekannt, dass sie helfen, beim Teilnehmer solche rigiden Strukturen aufzuweichen, die sonst Stress produzieren. Umgekehrt zeigt die Erfahrung, dass Teilnehmer, die sich auf Achtsamkeit einlassen, in der Folge klarer und selbstbewusster eintreten für das, was sie als wichtig und richtig erkannt haben – diese Dinge also eher härter in der Sache vertreten.
EXEMPLARISCH: EINFÜHRUNG EINES STRESSSKOMPETENZTRAININGS „mbsr“
1. Das Fundament legen
Hier findet eine erste Kontaktaufnahme und Abstimmung mit allen relevanten Repräsentanten auf Seiten des Unternehmens statt (Unternehmensleitung, HR, Betriebsrat, ausgewählte Mitarbeiter …). Neben den üblichen Formalitäten wie persönlicher Passung, Trainingsformat und –inhalt sowie Honorargestaltung, steht zunächst die Frage nach dem tatsächlichen Rückhalt im Unternehmen im Mittelpunkt. Umso mehr Unterstützer die geplante Maßnahme fördern und wohlwollend begleiten, umso höher wird die Akzeptanz im Unternehmen sein und umso wahrscheinlicher ist der Trainingserfolg.
Wollen Sie das Training in einem internationalen Umfeld eingeführen, ist zudem darauf zu achten, dass der beauftragte Anbieter die Trainings auch in einer internationalen Sprache durchführen kann (z. B. Englisch).
2. Umfassend informieren (Schnupperveranstaltung)
Ist eine tragfähige Einigung über Inhalt und Rahmen der Maßnahme erzielt, folgt eine Einladung an die Mitarbieter zur Teilnahme an einem einführenden Vortrag. Beispielsweise unter der Überschrift „Stress vermeiden durch Achtsamkeit – wie funktioniert das?“. Die Adressaten der Weiterbildungsmaßnahme bekommen in dieser maximal 90-minütigen Veranstaltung Gelegenheit, das Training in seinen Grundzügen kennen zu lernen und ihre Fragen zu klären.
Der Referent sollte in seinem Vortrag die Vorteile des Trainings darstellen und ebenso auf klassische Einwände (s. oben) antworten. Dem Zuhörer sollte deutlich werden, dass es sich um ein effektives und gut evaluiertes Training handelt. Erhellende Bezüge zur neueren Neuro- und Bewusstseinsforschung schaffen Vertrauen und begegnen möglicherweise vorhandenen Vorbehalten mittels gesicherter Wissensbestände. Eine ergänzende Übung aus dem Methodenkoffer des Stresskompetenztrainings kann zusätzlich helfen, mit dem Thema „warm zu werden“ und Vorbehalte abzubauen.
3. Pilotprojekt starten
In nicht zu großem zeitlichen Abstand zu diesem Vortrag startet das erste Training: ein Pilot. Die Teilnahme erfolgt freiwillig. Mehr noch als bei anderen Trainingsmaßnahmen sind Abordnungen zum Training hier wenig hilfreich. In der Regel wird dem Pilotcharakter eher eine kleine Gruppe in offener Atmosphäre gerecht, als dies eine große Gruppe könnte, deren Mitglieder in Teilen unfreiwillig teilnehmen und sich dem Thema mit massiven Vorbehalten nähern. In der Praxis zeigt sich, dass ein erfolgreicher erster Durchlauf des Trainings unternehmensintern der beste Promoter für Achtsamkeit ist.
4. Evaluieren und die richtigen Schlüsse ziehen
Die an den Pilot sich anschließende, sorgsame Evaluation des Trainings befähigt den Trainierenden, die Veranstaltung noch besser an die Bedürfnisse der Teilnehmer anzupassen. Das weitere Vorgehen bespricht er dann gemeinsam mit den Ansprechpartnern im Unternehmen.
Haben Sie Fragen und Anmerkungen zum Thema „Achtsamkeit für Unternehmen“? Kontaktieren Sie uns gerne!
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